Die Chronologie des Topspiel

Gestern Nachmittag gewann Anderlecht das Topspiel gegen Standard Lüttich überraschend deutlich mit 0-4. Hier nun eine Chronologie der Fakten und Tatsachen zum gestrigen Klassiker:


13 Uhr: Ankunft am Stadion, noch herrscht weitestgehend Ruhe um das Stadion.

13.15 Uhr: Die Stadiontore werden geöffnet, über Sclessin haben sich die Wolken größtenteils verzogen, blauer Himmel und Sonnenschein.

13.35 Uhr: Die Lütticher Torhüter Sinan Bolat und Kristof Van Hout kommen als erste Spieler aus dem Kabinentrakt. Um den Rasen zu schonen, wärmen sich die Spieler auf dem vor dem Stadion gelegenen Platz von Standard Fémina auf.

13.40 Uhr: Ein Pfeifkonzert der um den Platz gruppierten Lütticher Fans ertönt: Unüberhörbares Zeichen, dass die ersten Anderlechter auf den Platz kommen, es sind die Torhüter Silvio Proto und Davy Schollen. Proto wird mit »Anti-Anderlecht«-Sprechchören empfangen. Was er sich sonst noch an Beleidigungen gegen seine Frau und seine Kinder anhören muss, veröffentlichen wir an dieser Stelle nicht. Es scheint für einige Fans zum guten Ton zu gehören, gegnerische Spieler auf das Übelste zu verunglimpfen. Der gute Ton erschließt sich uns nicht.

13.45 Uhr: Die Feldspieler beider Mannschaften starten ihr Aufwärmprogramm. Jubel bei den Lütticher Fans, denn der lange verletzte Kapitän Steven Defour läuft mit auf den Platz. Der 21-Jährige steht zumindest im Kader. Ein psychologischer Schachzug des Lütticher Trainers Laszlo Bölöni?

14.25 Uhr: Einer von zwei Momenten des Nachmittags, an dem die Fangruppen gemeinsam applaudieren. Der Lütticher Direktor Pierre François überreicht einen Scheck an einen Vertreter des Roten Kreuzes für die Erdbebenopfer in Haiti.

14.26 Uhr: Ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert übertönt das Verlesen der Anderlechter Aufstellung. So viel zum Fair-Play-Gedanken.

14.31 Uhr: Rauchbomben werden gezündet, die Teams laufen ins Stadion ein.

14.33 Uhr: Der verletzt fehlende Milan Jovanovic wird für den Gewinn des »Goldenen Schuhs« geehrt. Der Anderlechter Mbark Boussoufa umarmt den Serben, auch die meisten Gästefans klatschen.

14.35 Uhr: Mit fünfminütiger Verspätung wird das Spiel angepfiffen, obwohl sich der Rauch noch nicht ganz verzogen hat.

1. Spielminute: Sinan Bolat fängt die erste Freistoßflanke des gebürtigen Lüttichers und früheren Standard-Spielers Jonathan Legear problemlos.

5.: Erste Torchance für die Gastgeber. Nach einer Flanke von Benjamin Nicaise versucht es Dieumerci Mbokani mit einer Direktabnahme, allerdings mit seinem schwächeren linken Fuß, weshalb Proto den Ball aufnehmen kann.

7.: Die frühe Anderlechter Führung. Romelu Lukaku setzt sich auf der linken Seite energisch durch und flankt auf Jelle Van Damme. Dessen wuchtigen Kopfball pariert Bolat mit einem Reflex, aber der Nachschuss von Legear rauscht durch die Beine des Torhüters zum 0:1 ins Netz. Legear reißt sich jubelnd das Trikot vom Leib und kassiert die erste Gelbe Karte.

9.: Fast die schnelle Antwort des Landesmeisters, doch der Distanzschuss von Mbokani fliegt knapp am Tor vorbei.

15.: Nach dem hohen Anfangstempo hat sich das Spielgeschehen etwas beruhigt, weshalb sich eine Taube in der Lütticher Hälfte in aller Seelenruhe auf Nahrungssuche begeben kann. Als Nicaise einen Freistoß aus halblinker Position in die Anderlechter Mauer drischt, macht sich die Taube wieder davon.

23.: Die Anhänger der »Rouches« skandieren den Namen von Axel Witsel, weil Mitte der ersten Hälfe ansonsten nichts passiert - einmal abgesehen von der zweiten Gelben Karte gegen einen gebürtigen Lütticher mit Anderlechter Trikot: Guillaume Gillet. Die Gäste haben das Spiel unter Kontrolle.

29.: Ein verunglückter Schuss von Legear landet bei Boussoufa, der in aller Seelenruhe auf Lukaku flanken kann, aber Bolat verhindert mit einer Glanztat die Vorentscheidung. Van Damme muss verletzt ausgewechselt werden, für den Nationalspieler kommt Kanu.

35.: Ein Lütticher Lebenszeichen mit einem zu hoch angesetzten Linksschuss von Mbokani. Näher kommt in der 39. Lukaku dem 2:0 für die Gäste: Der 16-Jährige hebt den Ball über Bolat, aber auch über das Tor.

43.: Kurz vor der Mittellinie setzt Witsel zu einem Tackling gegen Roland Juhasz an, der Ungar bleibt angeschlagen liegen, Schiedsrichter Verbist zückt sofort die Rote Karte gegen Witsel. Leuchtraketen fliegen auf den Platz, auf den die Ersatzsspieler und Betreuer stürmen. Die Fernsehbilder zeigen, dass Witsel zunächst den Ball trifft. »Das war keine Rote Karte«, erklärt Bertrand Crasson, Ex-Anderlechter und jetzt Fernsehexperte. Juhasz kehrte nach kurzer Behandlungspause zurück.

45.: Verbist erlaubt sich einen schlechten Scherz: Obwohl das Spiel minutenlang unterbrochen war, lässt er nur zwei Minuten nachspielen.

51.: Was Lukaku in der ersten Hälfte zweimal versäumte, holt der Schüler zu Beginn des zweiten Durchgangs nach: Eine Flanke von Kanu verwertet der Stürmer per Kopf zum 2:0 für Anderlecht.

55.: Die Lütticher Fans skandieren wütend »Merci, Verbist«, die Anderlechter sind dem dritten Treffer näher, Bolat wischt den Ball nach einem Freistoß von Boussoufa über das Tor.

57.: Deschacht verliert den Ball an Mbokani, der in den Strafraum eindringt und nach einer leichten Berührung von Deschacht zu Boden sinkt. Aber der Lütticher Angreifer vergibt den Elfmeter auf klägliche Art und Weise.

65.: Die Anderlechter Fans bejubeln fast jeden Ballkontakt mit »Olé-Rufen« und verhöhnen Standard Lüttich: »Ihr werdet nur alle 25 Jahre Meister.«

70.: Ein Distanzschuss von Nicaise segelt über das Tor, in Unterzahl sorgt Standard für keine Gefahr mehr.

80.: Das hatte dem Anhang der »Rouches« noch gefehlt: Dem eingewechselten Traoré unterläuft ein Eigentor, 0:3.

82.: Und es kommt noch dicker: Mangala köpft einen Flanke von Legear zum 0:4 ins eigene Tor.

90.: Verbist pfeift ab, der amtierende Landesmeister wird im eigenen Stadion gedemütigt, wie seit Jahren nicht mehr. Anderlecht triumphiert und hält klar Kurs auf den Meistertitel. Pfiffe der Lütticher Fans sind kaum zu hören, sie haben den Schuldigen längst ausgemacht: Verbist.

Quelle: netecho