So funktioniert das neue Scoutingsystem

DONNERSTAG, 6 MAI 2021, 16:45 - RSCA Skater
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TRANSFERS - INTERVIEWS Seit dem vergangenen Sommer laufen die Transfers nicht mehr über Spielerberater oder begeisterte Präsidenten, sondern über ein neues Scouting-Team. Sportdirektor Peter Verbeke hat ein umfangreiches datengesteuertes System auf die Beine gestellt. In einem Gespräch mit der Zeitung De Morgen erklärte er nun dieses System.

Das neue Scoutingsystem umfasst sechs Schritte:

Schritt 1: Profilerstellung

Bevor das Scouting-Team beginnt, macht Anderlecht eine Analyse des eigenen Kaders. Wenn Anderlecht dann einen Spieler nötig hat, wird ein Anforderungsprofil erstellt. "Für jede Position beschreiben wir dann so detailliert wie möglich, wonach wir genau suchen", sagte Verbeke.

Schritt 2: Suche über eine Software

Wenn Anderlecht ein Anforderungsprofil erstellt hat, sucht es über eine spezielle Software nach Spielern, die am besten zu dem erstellten Profil passen. Die ganze Welt wird abgesucht und auch in den G5-Ligen schaut sich Anderlecht um. "Im Prinzip können wir uns diese Spieler nicht leisten, aber es gibt auch immer Spieler, die dort von der Bildfläche verschwunden sind und sich wieder irgendwoanders beweisen möchten."

Anderlecht arbeitet mit InStat und Wyscout. "Über einen selbstentwickelten Algorithmus erhalten wir so einige Namen mit einem dazugehörigen Wert", sagte Verbeke, der auch erklärt, dass Anderlecht nicht unbedingt den ersten Spieler auf dieser Liste verpflichten möchte. "Wenn dieser Spieler nämlich nur fünf Spiele bestritten hat, kann das ein Zufall sein."

Schritt 3: System-Kompany

In einer dritten Phase analysiert Anderlecht die Zahlen, um zu schauen, ob der Spieler in das System von Vincent Kompany passt. "Unsere Leistungsdaten berücksichtigen das technisch-taktische: wie viele erfolgreiche Pässe, wie viele Balleroberungen, wie viele Pässe hat er (mit Risiko) nach vorne gespielt", sagte Verbeke. Er erklärte auch, dass Kevin De Bruyne zum Beispiel nie 90 Prozent erfolgreiche Pässe vorweisen kann, da er mit viel Risiko spielt. "Aber diese Pässe führen viel häufiger zu einem Treffer."

Bei Mittelstürmern schaut Anderlecht auf die 'erwarteten Treffer' in Kombination mit 'den herausgespielten Chancen'. "Mit diesen beiden Parametern kann man gute Stürmer von weniger guten unterscheiden”, sagte Verbeke. 

Mit Hilfe des Daten­programms SciSkill untersucht Anderlecht auch den Lebenslauf eines Spielers. "Ein 17-jähriger Spieler, der bei Anderlecht dreißig Spiele absolviert, wird mit anderen Spielern verglichen, die dasselbe geleistet haben. Auf der Basis davon kann man eine Karrierevorhersage für diesen Spieler machen."

Schritt 4: Ist der Spieler bezahlbar?

In dieser Phase tritt Verbeke dann selbst in Erscheinung. "Wir streichen die Spieler, die wir uns definitiv nicht leisten können", sagt er. Transfermarkt.de ist eine gute Quelle dafür. "In der Realität sind sie meistens sogar noch etwas teurer", so Verbeke. Der Sportdirektor erklärte auch, dass sogar Spieler von Vereinen wie Basel, Kopenhagen oder Young Boys Bern, die einen langjährigen Vertrag haben, momentan für Anderlecht zu teuer sind.

Schritt 5: Tiefgründigeres Scouting

Die Spieler, die innerhalb unseres Budgets passen, wird die Scouting-Abteilung daraufhin gründlich analysieren. "Jeder unserer vier Videoscouts schaut sich dann pro Tag drei Spieler an und erstellt einen Bericht", sagte Verbeke. Dieser Bericht muss dann Klarheit darüber bringen, ob dieser Spieler jemand ist, den Anderlecht sucht. 

Anderlecht untersucht natürlich auch die Person hinter dem Fußballer. Dafür kontaktiert man Spieler, Trainer, Verwalter und andere Personen, um die Mentalität zu erfahren. "Es ist immer positiv zu hören, wenn ein Spieler, an dem wir interessiert sind, mental stark und ein Gewinnertyp ist", sagte Verbeke.

Schritt 6: Physisches Screening

Die Spieler, die diese ersten Schritte überleben, werden physisch unter die Lupe genommen. "Die maximale Sauerstoffaufnahme ist im Endeffekt der Heilige Gral", erklärte Verbeke. Diese Daten findet man jedoch nicht im Internet. Über ein Datenunternehmen, womit die Pro League zusammenarbeitet, kann Anderlecht diese Daten in Erfahrung brungen. Diese Daten geben Auskunft über das Sprintvermögen, die Anzahl absolvierter Kilometer pro Spiel, usw. 

Anderlecht testet alle potenziellen Neuzugänge im Universitätskrankenhaus von Gent. "Biomechanisch und koordinatorisch: der Spieler wird von unten nach oben durchgecheckt", sagte Verbeke. Anderlecht untersucht in Neerpede auch ihr Fettgehalt und schickt die potenziellen Neuzugänge zu einem Sportpsychologen. "Ich lehne jemand schnell aufgrund seiner physischen Tests ab. Das ist eigentlich ärgerlich, weil der Spieler dann hier ist und glaubt, einen Vertrag unterschreiben zu können."

"Kompany ist ein Geschenk für die Scouting-Abteilung"

Laut Verbeke ist ein solches System unverzichtbar. "Man muss schnell sein und gute Scouts haben", sagte Verbeke. Seiner Meinung nach ist Vincent Kompany für das aktuelle Scouting auch sehr wichtig. "Er ist ein Geschenk für sie. Er kommt nämlich regelmäßig vorbei, um zu fragen, welche interessanten Spieler sie gefunden haben." Laut Verbeke lädt Kompany die Scouts sogar zum taktischen Training ein. "So wissen sie, was er von jedem Spieler verlangt und so können sie auch noch genauer suchen."



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